Machen die Förster alles falsch im Wald?

07.12.2020

Es gibt in den letzten Wochen immer wieder Beiträge diverser Verbände und Privatpersonen zum Waldzustand und vermeintlichen Versäumnissen oder Fehlern von Förster*innen, aktuell sowie zurückliegend. In Form eines Faktenchecks möchten wir zur Beantwortung einiger offener Fragen beitragen.

Warum tut sich die Fichte momentan besonders schwer?
Als Baum des Nordens liebt die Fichte ein kühles und feuchtes Klima und ausreichende, über das ganze Jahr verteilte Niederschläge. Leider laufen die schon spürbaren Folgen des Klimawandels in die genau entgegengesetzte Richtung; längere Trockenperioden wechseln sich mit Starkregenereignissen ab, die Durchschnittstemperaturen erhöhen sich laufend und auch Temperaturextreme nehmen zu.

In den Jahren 2018 und 2019 war der Witterungsverlauf besonders ungünstig: es gab im Frühjahr, bzw. im Sommer, bis auf wenige Gewitter, nahezu keine Niederschläge. Solche Trockenperioden waren bisher in diesem Umfang einzigartig. Auch das Jahr 2020 war viel zu trocken. Somit konnten sich auch in diesem Jahr die Bäume nicht von dem Trockenstress erholen. Die Fichte ist ein ausgeprägter Flachwurzler. Die Wurzeln reichen nur, je nach Alter des Baumes und Bodenbeschaffenheit, 50 – 80 cm in die Tiefe. Dieser Bereich war in den letzten Jahren teilweise vollständig ausgetrocknet.

Warum haben die Förster die Fichte denn gepflanzt, wenn sie sich so schwertut?
Natürlich kann man den zuständigen Förstern und politischen Vertretern der Waldbesitzer zwischen den Jahren 1900 und 1980 vorwerfen, sie hätten den Klimawandel vorhersehen müssen und hätten keine Fichten pflanzen dürfen, denn die durch den Borkenkäfer befallenen und abgestorbenen Butzbacher Waldbestände waren zwischen 120 und 40 Jahre alt!

Der Fokus dieser Zeit lag eindeutig auf der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes für Bau- und Brennholz, gerade auch in den Kriegs- und Nachkriegsjahren. Sogenannte „Reparationshiebe“ wurden durch die Alliierten ausgeführt, da diese das Holz für den Wiederaufbau ihrer zerstörten Infrastruktur benötigten. Auch in Deutschland wurde dringend Holz benötigt. Die so entstandenen Freiflächen wurden im damaligen Zeitgeist vornehmlich mit Fichte bepflanzt. Die Fichte wurde nicht umsonst der „Brotbaum“ des Waldes genannt, von ihr kamen sodann die größten Einnahmen für die Waldbesitzer im Taunus.

Das sollte man aber nicht der jetzigen Generation von Förstern vorwerfen, die dieses Erbe übernommen haben. Tatsächlich wurden seit den 1980er Jahren keine Fichten mehr als Reinbestand in den betreuten Kommunalwäldern gepflanzt. Die vorhandenen Fichtenbestände wurden regelmäßig durchforstet, in der Hoffnung, sie noch möglichst lange nutzen zu können. So entstandene Räume werden bereits seit etwa 20 Jahren mit Mischbaumarten angereichert. Die Bundeswaldinventur bestätigt übrigens seit Jahren, dass die Fläche der Mischwälder zunimmt, der Anteil des Laubholzes steigt und die Wälder auch immer älter werden.

Warum haben riesige Maschinen im Forst Einzug gehalten?
Die Holzernte mittels Harvester-Maschinen, gerade in jungen und mittelalten Beständen, ist nunmehr seit 25 Jahren eine Standardtechnik – also findet der Einsatz dieser Technik schon seit längerem statt. Die dabei eingesetzten Maschinen (Harvester und Rückezug) sind schwere Fahrzeuge.

Der Bodendruck wird durch breite Reifen und mehrere Achsen allerdings minimiert. Tatsächlich ist der Druck unterhalb eines solchen Reifens, gemessen auf den Quadratzentimeter, ähnlich dessen eines im Wald stehenden Menschen. Letztlich entsteht aufgrund der Fahrbewegung in der Fahrspur meist eine Bodenverdichtung. Aus diesem Grund dürfen die Fahrzeuge nur auf den langfristig festgelegten und markierten Rückegassen im Wald fahren.

Bereits seit den 1960er (!) Jahren wird mittels Forstmaschinen und nicht mehr mit dem Rückepferd das Holz aus den Waldbeständen im Taunus an die Forstwege transportiert. Früher jedoch wurden die Wälder flächig befahren, heute beschränkt sich der Maschineneinsatz auf besagte Rückegassen.

Seither haben sich auch die schweren Unfälle der Waldarbeiter drastisch reduziert. Durch den Einsatz der Harvestertechnik können gefährliche Situationen viel sicherer gelöst werden. Im Übrigen war auch die Arbeit mit dem Rückepferd für Mensch und Tier sehr gefährlich und anstrengend. Durch die Technisierung haben sich auch die Langzeiterkrankungen der Waldarbeiter stark reduziert.

Ist das denn alles noch nachhaltig was da im Wald geschieht?
Der Waldbesitzer legt in der „Forsteinrichtung“ – einer wiederkehrenden, zehnjährigen Waldinventur – fest, nach wie vielen Jahren und in welchem Umfang das Holz der einzelnen Baumarten geerntet werden soll. Die üblichen Erntezeiten in bewirtschafteten Waldbeständen variiert je nach Baumart zwischen 100 Jahren, wie z. Bsp. bei der Fichte, oder 200 Jahren wie bei der Eiche. Pflegemaßnahmen, wie beispielsweise Durchforstungen, finden bereits ab einem Bestandesalter von ca. 40 Jahren statt. Hierbei werden Zukunftsbäume festgelegt, die bis zur Ernte stehenbleiben und gepflegt werden. Auch Habitatbäume verbleiben in großem Umfang um als Höhlenbäume für Spechte und andere Arten zu dienen.

Circa alle fünf Jahre wird ein Waldbestand durchforstet, d.h. es werden vorsichtig schlecht veranlagte oder kranke Bäume entfernt. Ziel hierbei ist es für die übrigen Bäume mehr Licht und Nährstoffe zur Verfügung zu stellen. Diese können sich somit besser entwickeln. Langfristig können auf diese Weise auch klimatische Veränderungen berücksichtigt werden. So können in einem Buchen-Eichenmischbestand z.B. Eichen gegenüber der Buchen gefördert werden, da sie besser an das warme Klima angepasst sind.

In diesem „System“ sind die planmäßigen Holzeinschläge berechnet und den Kriterien der Nachhaltigkeit angepasst. In Deutschland ist eine nachhaltige Forstwirtschaft sogar gesetzlich vorgeschrieben. Vor über 300 Jahren wurde das Prinzip der nachhaltigen Waldbewirtschaftung hier in Deutschland zum ersten Mal entwickelt und verfasst – „Wer hat’s erfunden…“.

Außerplanmäßige Holzeinschläge, wie Sturm-, Käfer- oder Trockniskalamitäten sind natürlich vorab nicht eingeplant. Bei folgenden Forsteinrichtungen werden diese Verluste aber dann wieder erfasst und eingerechnet.

Sind die Verkehrssicherungsmaßnahmen entlang der Waldwege und an Waldrändern nicht übertrieben?
HessenForst wurde als Dienstleister von seinen waldbesitzenden Kunden beauftragt die jeweilige forstliche Bewirtschaftung zu übernehmen. Im Zuge dessen wurde von Seiten der Waldeigentümer die Verkehrssicherung an HessenForst übertragen. Somit ist HessenForst zuständig und verantwortlich für die Erhaltung der Verkehrssicherung an öffentlichen Straßen, an Waldrändern aber auch innerhalb der Waldbestände.

Bezüglich der Sicherheit muss sich der Waldbesitzer darauf verlassen können, dass der Dienstleister HessenForst sorgfältig die Standsicherheit sowie Kronenschäden der Bäume beurteilt. Aufgrund der massiven Trocknisschäden der Buchen, insbesondere bei älteren Bäumen besteht dringender Handlungsbedarf. Es geht um die Sicherheit der Anlieger und Waldbesucher. Ein Holzertrag ist aufgrund der massiven Schäden durch holzzersetzende Pilze nicht zu erwarten oder steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. In den stillgelegten Waldbeständen verbleibt das Holz auf der Fläche und wird dort zersetzt.

Werden die Förster eigentlich irgendwie kontrolliert?
Ähnlich wie bei Bio-Lebensmitteln gibt es auch für die Waldbewirtschaftung Zertifizierungen. Alle Kommunalwälder im Taunus beispielsweise sind seit vielen Jahren durch „PEFC“ zertifiziert. Stichprobenartig werden Kontrollen der Waldbewirtschaftung durchgeführt. In diesen „Audits“ wird neben der nachhaltigen Forstwirtschaft wird auch die Pfleglichkeit der Waldbewirtschaftung überprüft. Die von HessenForst betreuten Staatswaldflächen in Hessen sind sogar nach „PEFC“ und nach „FSC“ zertifiziert. Die Förster sind somit Überprüfungen durch Unabhängige gewohnt. Entscheidend ist hierbei, dass es sich um anerkannte Institutionen handelt.

Was ist für den Förster nun wichtiger, Staatswald oder Kommunalwald?
Die forstliche Behandlung des Waldes der betreuten Kommunalwälder wie auch des Staatswaldes und der Privatwälder durch HessenForst findet nach gleichem Standard statt. Auch die Schäden durch den Klimawandel an Fichte und Buche, aber auch der vielen anderen Baumarten wie Eiche und Lärche sind in allen Waldbesitzarten gleich.

Der Umfang und die Wucht des Klimawandels hat alle überrascht. Die Förster haben drei sehr arbeitsreiche und frustrierende Jahre hinter sich und für die Wiederbewaldung noch viele Jahre der Schadensbewältigung vor sich. Es geht hierbei vielmehr um das Ökosystem Wald als Ganzes – weniger um die unterschiedlichen Besitzarten. Trotz der noch laufenden Aufarbeitung des Käferholzes wurden in diesem Jahr schon viele Hektar Wald wiederaufgeforstet. Die Akteure arbeiten mit großem Engagement, um die Schäden zu bewältigen.

Was wäre wohl im Wald los, wenn nichts gemacht würde?

  • Große Waldbereiche im Taunus wären in Gänze gesperrt worden und das für Jahre.
  • Waldwege wären durch umgestürzte Bäume nicht mehr befahrbar oder begehbar.
  • Eine Bejagung wäre damit auf großen Flächen nicht mehr möglich.
  • Teile des abgestorbenen Waldes würden sich erst nach vielen Jahren wieder in Wald verwandeln.
  • Ehemalige Fichtenwälder würden sich zunächst in großen Teilen wieder als Fichtenwälder verjüngen, bevor sich dann in den nächsten Waldgenerationen endlich klimaangepasste Baumarten durchsetzen könnten.
  • Natürliche oder menschenverursachte Waldbrände könnten aufgrund des vielen Totholzes mit großer Wucht weitere Teile der noch intakten Wälder zerstören.

HessenForst wird sich im Auftrag seiner Kunden weiterhin stark um die Pflege und die Wiederbewaldung der Taunuswälder kümmern und sich dafür einsetzen. Hierfür wurde in den letzten Jahren glücklicherweise intensive Nachwuchsförderung betrieben. Wir freuen uns über das Engagement, gerade der jungen Förstergeneration, welche in diesen Zeiten auch viel von den erfahrenen Kollegen lernen kann. Diese Kombination bei den Förstern aus innovativem, aktuellem Wissen und langjährigen Erfahrungen ist wichtig für die bevorstehende jahrzehntelange Wiederbewaldung und Pflege der Wälder im Taunus.