Vom 24. Oktober bis 6. November engagieren sich 35 Ehrenamtliche aus ganz Deutschland im Reinhardswald für den Moorschutz.
Die Freiwilligen des Vereins Bergwaldprojekt werden in den beiden Einsatzwochen die Entwässerungsstrukturen im Federbruch-Moor unwirksam machen, um die dauerhafte Wiedervernässung der Flächen zu initiieren. Übergeordnetes Ziel der Arbeiten ist es, mit den wiedervernässten Flächen Lebensraum für moorgebundene Arten zu schaffen, den Wasserrückhalt im Wald zu stärken und weitere klimaschädliche Emissionen zu stoppen. Daneben sensibilisiert der Einsatz die Freiwilligen für eine nachhaltige Lebensweise in ihrem Alltag.
Die Freiwilligen werden in der ehemals mit Fichten bestockten Waldmoorfläche mit viel Handarbeit Sperren aus Holz in die ehemaligen Entwässerungsgräben bauen, diese mit einer Mischung aus Sägemehl und Sägespänen verfüllen, verdichten und anschließend wieder mit moortypischen Gräsern bepflanzen. Angeleitet werden die Freiwilligen von Lutz Rohland, Moorexperte beim Bergwaldprojekt, in Zusammenarbeit mit Philipp Küchler von der Abteilung Waldnaturschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA).
„Moore sind nicht nur wichtige Rückzugsräume für seltene Tier- und Pflanzenarten“, so Dr. Markus Ziegeler, Leiter des Forstamts Reinhardshagen, „sondern auch bedeutende Kohlenstoffspeicher. Ihre Wiedervernässung ist deshalb auch vorsorgender Klimaschutz.“ „Die Wiedervernässung von Mooren bewirkt eine sofortige Emissionsvermeidung. Trockengelegte Moore zersetzen sich, Torf löst sich quasi in Luft auf. Mit Wasser wird die Zersetzung gestoppt“, so Rohland. In naturnahem Zustand sind Moore dank ihres im Torf gebundenen Kohlenstoffs Kohlenstoffsenken. Im trockengelegten Zustand werden sie allerdings zu Quellen für Treibhausgase wie CO2, Methan und Lachgas. Das Bergwaldprojekt vernässt seit mehr als 15 Jahren einst trockengelegte Moore in ganz Deutschland und hat mit Freiwilligenarbeit bereits hunderte Hektar Moore wiedervernässt und damit deren weitere Zersetzung und das Freisetzen von CO2 erfolgreich verhindert.
Das Verschließen der Entwässerungsgräben ist Teil eines größeren Projektes zum Erhalt und zur Entwicklung der Waldmoore im Reinhardswald, dass durch das Regierungspräsidium Kassel mit Mitteln des Integrierten Klimaschutzplans Hessen finanziert wird. Ziel ist es, auf der Grundlage eines von der Abteilung Waldnaturschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Hann. Münden erarbeiteten Biotopverbundgutachtens, für Pflanzen und Tiere, die potentiell negativ von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden, eine Verbesserung der Lebensräume zu erreichen. In den Wintern 2019/2020 und 2020/2021 wurden bereits an mehreren Waldmoor-Standorten mit einem bodenschonenden Verfahren Fichten entnommen. Die Wiederausbreitung seltener Pflanzenarten durch Förderung natürlicher Ausbreitungsprozesse ist eines der Hauptziele dieser Maßnahmen. Darüber hinaus werden im Reinhardswald vom Aussterben bedrohte Moorpflanzen wie der Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia) mithilfe von Arterhaltungskulturen vermehrt, um ihre Populationen zu stabilisieren. Durch die Zusammenarbeit zwischen dem Forstamt Reinhardshagen, der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, der Oberen Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Kassel und durch den Einsatz der Freiwilligen des Bergwaldprojekts können innerhalb von kurzer Zeit auf verschiedenen Flächen Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung von Waldmooren umgesetzt werden.
Neben der praktischen Arbeit im Moor ist wie bei allen Projektwochen ein gemeinsamer Exkursionsnachmittag vorgesehen, um die vielfältigen lokalen Natur- und Moorschutzaspekte im Reinhardswald und dessen Bedeutung für Mensch und Natur zu beleuchten. Untergebracht sind die Freiwilligen im Alter von 22 bis 67 Jahren im Schullandheim Veckerhagen in unmittelbarer Nähe des Arbeitsortes. Eine eigene Köchin kümmert sich mit vegetarischer Vollwertkost – mit möglichst regionalen und saisonalen Zutaten – um die Verpflegung der Freiwilligen.
Informationen zum Projekt „Waldmoore in Hessen“: In dem an der Abteilung Waldnaturschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt seit dem 1. Oktober 2020 laufenden und durch das Land Hessen im Rahmen des Integrierten Klimaschutzplans für drei Jahre geförderten Projekt „Waldmoore in Hessen – Erfassung, Zustandsanalyse und Maßnahmenvorschläge“ wird im Rahmen eines landesweiten Screenings ein systematischer Ansatz verfolgt, um die Waldmoore Hessens möglichst vollständig zu erfassen. Im hessischen Staatswald wird darüber hinaus eine flächenscharfe Kartierung der Waldmoore durchgeführt. Ergebnis ist eine Detailkarte als Grundlage für eine Zustandsanalyse, bei der für jedes Waldmoor-Gebiet Beeinträchtigungen dargestellt werden und das Renaturierungspotenzial bewertet wird. Schließlich werden auf dieser Grundlage Maßnahmenempfehlungen für die Wiedervernässung der Moore gegeben.
Informationen zum Bergwaldprojekt e.V.: Das Bergwaldprojekt e.V. mit Sitz in Würzburg organisiert deutschlandweit Freiwilligen-Einsätze mit jährlich ca. 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit mehr als 150 Projektwochen an mehr als 70 Einsatzorten in Deutschland. Schwerpunkte der Arbeiten sind neben Waldumbau und -pflege auch Biotop- und Artenschutz sowie Moorwiedervernässungen.
Ziele der Arbeitseinsätze sind, die vielfältigen Funktionen der Ökosysteme zu erhalten, den Teilnehmenden die Bedeutung und die Gefährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen und eine breite Öffentlichkeit für einen naturverträglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu bewegen. Der Verein finanziert sich größtenteils aus Spenden.